Kinder- und Jugendbeteiligung in Baden-Würtemberg

Erste Ergebnisse aus der Datenbank dialogische Beteiligungsverfahren - dem Forschungsprojekt zur Vermessung der Beteiligungslandschaft in Baden-Württemberg.

Stand: August 2019

Das folgende Kapitel behandelt Beteiligungsereignisse und Dauereinrichtungen, welche sich explizit mit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen befassen. Zunächst werden die Dauereinrichtungen behandelt, anschließend dann Beteiligungsereignisse mit der Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen.

Dauereinrichtungen der Kinder- und Jugendbeteiligung

Bei der Darstellung der von uns erfassten Beteiligungsverfahren unterscheiden wir zwischen einzelnen Ereignissen und Dauereinrichtungen. Unter Letztere fallen insbesondere Jugendgemeinderäte, aber auch andere, regelmäßig stattfindende Beteiligungsformen wie Jugendforen oder -vertretungen. Nicht zu Dauereinrichtungen der Jugendbeteiligung werden solche Einrichtungen gezählt, welche entweder nur von Erwachsenen besetzt sind, welche sich mit jugendrelevanten Themen befassen (Referate oder Arbeitskreise) oder Einrichtung, welche nicht primär auf die Beteiligung an politischen Entscheidungen und Prozessen abzielen (z.B. Jugendhäuser, Jugendsozialarbeit). Eine Besonderheit der Dauereinrichtungen ist, dass das Startdatum (oder ggf. das Enddatum) der Einrichtungen schwerer zu ermitteln sind als bei den anderen Ereignissen, da Dauereinrichtungen in der Regel über einen längeren Zeitraum hinweg stattfinden. Für die nachfolgenden Analysen werden daher solche Einrichtungen ausgeschlossen, bei welchen von den Kodierenden Unsicherheit über das Start- oder Enddatum angegeben wurde.

Abb. 1: Dauereinrichtungen zur Jugendbeteiligung nach Start-Datum
Dauereinrichtungen zur Jugendbeteiligung nach Start-Datum

Abbildung 1 zeigt die Zahl der Dauereinrichtungen zur Jugendbeteiligung anhand des Startdatums. Die früheste Einrichtung von uns erfasste Einrichtung startete im Jahr 1987. Bis zum aktuellen Datum werden in den 1990er Jahren weitere Einrichtungen institutionalisiert, wobei die Jahre mit den meisten neuen Einrichtungen 2016, 2017 und 2018 darstellen. Dieser Befund sollte allerdings mit Vorsicht interpretiert werden, da die Erhebungsmethode aktuellere Ereignisse und Einrichtungen womöglich mit einer größeren Wahrscheinlichkeit findet. An dieser Stelle ist zusätzlich zu beachten, dass einige Einrichtungen, welche 2018 gestartet sind, nicht in die Analysen mit einbezogen werden, da die Erhebung hauptsächlich 2018 erfolgte, einige Kommunen aber bereits Anfang des Jahres kodiert wurden. Abbildung 2 berichtet die kumulative Häufigkeit der Dauereinrichtungen: hier ist ein kontinuierlicher Anstieg zu beobachten, mit einem Maximum von 98 Einrichtungen im Jahr 2018.

Abb. 2: Kumulative Häufigkeit der Dauereinrichtungen zur Jugendbeteiligung
Kumulative Häufigkeit der Dauereinrichtungen zur Jugendbeteiligung

Auch das Vorkommen der Dauereinrichtungen hängt mit der Gemeindegrößen zusammen (vgl. Abbildung 3). In Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern gibt es im Mittel 0.6 Einrichtungen pro Kommune, Gemeinden mit 20.001 - 50.000 Einwohnern haben mit 0.75 durchschnittlich am meisten Einrichtungen pro Kommunen zu verzeichnen. Gemeinden mit 50.001 - 100.000 Einwohnern befinden sich mit 0.62 Einrichtungen in ähnlicher Größenordnung. Deutlich weniger Einrichtungen pro Kommune haben Gemeinden mit 5.001 - 20.000 Einwohnern, hier sind es im Schnitt 0.16. Die kleinsten Kommunen haben am seltensten Einrichtungen zur Kinder- und Jugendbeteiligung: im Schnitt sind es 0.04 bzw. 0.02.

Abb. 3: Durchschnittliche Anzahl an Dauereinrichtungen nach Gemeindegrößenklassen
Durchschnittliche Anzahl an Dauereinrichtungen nach Gemeindegrößenklassen

Beteiligungsereignisse

In Folgenden geht es um Beteiligungsereignisse , welche explizit Kinder, Jugendliche und/oder Schüler als Zielgruppe haben. Von den zum Stand des Berichtes bearbeiteten Gemeinden hat in 136, also 16.67 Prozent, mindestens ein Ereignis zur Jugendbeteiligung stattgefunden (vgl. Abbildung4). Insgesamt gab es 242 solcher Ereignisse . Die Kommune mit den meisten Verfahren hat 12 Ereignisse . Der Durchschnitt (arithmetisches Mittel) liegt bei 0.3 Beteiligungsereignissen pro Kommune (Standardabweichung 0.95).

Abb. 4: Häufigkeit der Ereignisse mit Zielgruppe Kinder/Jugendliche pro Kommune
Häufigkeit der Ereignisse mit Zielgruppe Kinder/Jugendliche pro Kommune

Abbildung 5 zeigt, dass auch die Ereignisse zur Jugendbeteiligung häufiger in größeren Kommunen stattfinden. Am häufigsten fanden sie in Kommunen mit 50.001 - 100.000 Einwohnern statt, es folgen Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern und diejenigen mit 20.001 - 50.000 Einwohnern. Wie auch bei den Dauereinrichtungen sind die Bevölkerungskategorien unter 20.000 Einwohnern deutlich seltener Schauplatz von Ereignissen zur Kinder- und Jugendbeteiligung.

Abb. 5: Durchschnitt Jugend/Kinder-Beteiligungsereignisse nach Gemeindegrößenklassen
Durchschnitt Jugend/Kinder-Beteiligungsereignisse nach Gemeindegrößenklassen

Bezüglich des Themengebiets lässt sich feststellen, dass - wenig überraschend - am häufigsten Kinder- und Jugendbeteiligung zu den Themen stattfindet, welche diese oft am meisten betreffen: Jugend, Soziales, Sport und Kultur (vgl. Abbildung 6). Es folgen Ereignisse ohne klare Themenfestlegung und solche zu Infrastrukturthemen.

Abb. 6: Themengebiet der Jugend/Kinder-Beteiligungsereignisse
Themengebiet der Jugend/Kinder-Beteiligungsereignisse

Ein Großteil der Verfahren zur Jugendbeteiligung ist dialogischer Natur (vgl. Abbildung 7). 221 Ereignisse sind Dialogveranstaltung, was etwa 90 Prozent der gesamten Ereignisse ausmacht. Nur 21 Ereignisse sind Veranstaltungen, die primär der Information dienen.

Abb. 7: Methode der Jugend/Kinder-Beteiligungsereignisse
Methode der Jugend/Kinder-Beteiligungsereignisse

Ereignisse zur Jugendbeteiligung wurden mit 67 Prozent (N = 163) häufiger von der Verwaltung als von andern Akteuren initiiert (vgl. Abbildung 8).

Abb. 8: Initiator der Jugend/Kinder-Beteiligungsereignisse
Initiator der Jugend/Kinder-Beteiligungsereignisse

Es werden bei den Beteiligungsereignissen in aller Regel Jugendliche auf der kommunalen Ebene angesprochen (vgl. Abbildung 9). Dies trifft auf 223 Ereignisse bzw. 92 Prozent der Ereignisse zu. Jugendliche/Kinder von außerhalb der Kommune werden in nur 19 Verfahren angesprochen.

Abb. 9: Ebene der Zielgruppe der Jugend/Kinder-Beteiligungsereignisse
Ebene der Zielgruppe der Jugend/Kinder-Beteiligungsereignisse


Weiterführende Literaturempfehlungen:

  • Baden-Württemberg Stiftung (Hrsg.)(2015): In Zukunft mit UNS! - Jugendbeteiligung in der Kommune. Handreichung Nr. 2 aus dem Projekt: in Zukunft mit UNS! - Qualifizierung Jugendlicher in Beteiligungsprozessen. Link zur pdf-Datei.
  • Roller, Edeltraud; Brettschneider, Frank; van Deth, Jan W. (Hrsg.)(2006)Jugend und Politik: "Voll normal!". Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, DOI: 10.1007/978-3-531-90094-0.
  • Homepage der Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung des Landesjugendring Baden-Württemberg e.V.